|
Rätselvolle Katze
|
|
|
In meinem Hirn, als wär’ ihr eigner Raum, Schleicht auf und nieder auf der weichen Tatze Geschmeidig sanft die schöne, stolze Katze. Und ihrer Stimme tun vernimmt man kaum.
|
|
|
So zart und heimlich ist ihr leis’ Miauen. Und ob sie zärtlich, ob sie grollend rief, Stets ist der Klang verhalten reich und tief Und Zauber weckend und geheimes Grauen.
|
|
|
Die Stimme, die schwere Perlen sank In meines Wesens dunkle Gründe nieder, Erfüllt mich wie der Klang der alten Lieder. Berauscht mich wie ein heißer Liebestrank.
|
|
|
Sie schläfert ein die grausamsten Verbrechen, Verzückung ruht in ihr. Kein Wort tut not, Doch alle Töne stehn ihr zu Gebot Und alle Sprachen, die die Menschen sprechen.
|
|
|
Auf meiner Seele Saitenspiel ließ nie Ein andrer Bogen so voll Glut und Leben Die feinsten Saiten schwingen und erheben, Kein anderer so königlich wie sie.
|
|
|
Wie deine Stimme, rätselvolles Wesen, Seltsame Katze, engelsgleiches Tier, Denn alles, Welt und Himmel, ruht in ihr, Voll Harmonie, holdselig und erlesen.
|
|
|
Charles Baudelaire |
|